Nach glaubwürdiger Hofüberlieferung lernten zwei von drei Söhnen eines gewissen Spiess, dem das ältere Haus Nr.498 gehörte, das Zimmermannshandwerk.
Ulrich Spiess erbaute sich 1708 das Heim Nr.514 südöstlich vom Vaterhaus.
Die im Giebelfeld zwischen je zwei Ziffern der Jahreszahl "17-08" eingeschnitzten Initialen "VS" bezeichnen somit den Bauherrn und Baumeister zugleich.
Hans Spiess erbaute sich 1724 das Haus Nr.495 nordwestlich davon.
In der Balkenwand des Giebelfeldes eingeschnitzt die Jahreszahl "1724" zusammen mit den Initialen "HS" des Baumeisters und Bauherrn Hans Spiess.
(Auszug aus "Kunstdenkmäler des Kanton Appenzell Ausserrohden")
Die Spiessenrüti ist eines der ältesten bekannten Häuser im Appenzellerland.
Das Haus birgt eine besondere Fülle an Befunden zu seiner jahrhundertelangen Entwicklung.
Die Spiessenrüti wurde vielfach umgebaut, Balken umgeschichtet, Einzelteile weg- oder dazutransferiert. Vorhandenes Material wurde ständig weiterverarbeitet und neuen Nutzungen zugeführt, die Architektur den Bedürfnissen der Bewohner angepasst. Absolute und statistische Datierungen belegen sieben wesentliche Bauphasen.
1452 Wohnhaus-Kernbau
1509 Kornkammer-Einbau
1552 Umbauten
1614 Umbauten am Kernbau
1669 Hauserweiterung und heutiges Dachgeschoss
1673 Fassadenmalereien
~1900 Erneuerungen der Fassadenverkleidungen, der Fenster
und von Innenausbauten
2007-2011 2. Erneuerungen der Fassaden, Fenster und Innenausbauten
Als im Zusammenhang mit einem allgemeinen Umbau bei der neuen Schindelung der Nordfassade die bestehende Verschalung entfernt wurde, kam eine sensationelle Bemalung der Strickwand zum Vorschein. Diese Entdeckung legten eine vertiefte Untersuchung der Bausubstanz nahe.
Ein dendrochronologisches Gutachten belegt, dass einzelne Bauten des Kernbaus aus dem Jahr 1451/1452 stammen. Damit ist die Spiessenrüti das bis anhin älteste bekannte Wohnhaus im Appenzellerland, älter als das bis anhin älteste Haus im Schwänberg bei Herisau, das Rutenkaminhaus.
Bis anhin war keine Malerei aus dem 17. Jahrhundert im Appenzellerland bekannt.
Die Grisaille-Malerei zeigt Szenen aus dem Leben eines Textilkaufmanns, wohl den damaligen Besitzer. Sie wiederspiegelt den essentiellen Beitrag der Textilindustrie am damaligen wirtschaftlichen Aufschwung. Neben der Landwirtschaft galt die Textilindustrie als zweites Standbein zur Sicherung der Eigenständig- und der Unabhängigkeit des Kantons Ausserhoden.
Die Entdeckungen in der Spiessenrüti mit ihren bürgerlichen Motiven können als gleichbedeutend bezeichnet werden wie die 1987 gemachten Entdeckungen der Gaiser Wände mit den frühest bekannten bäuerlichen Motiven (Ende 16.Jh), die heute im Appenzeller Volkskunde-Museum in Stein präsentiert werden.
Das Bild wurde mit der damals üblichen Maltechnik und den bekannten Materialen ausgeführt.
Das Leben im Landhaus
Das (einfache) Landleben lehrt Sorgfalt und Sparsamkeit. Das (feine) Leben in der Stadt (aber), das der Luxus leicht verdirbt, nicht in gleicher Weise.
Gottes Auge bleibt nichts verborgen
Übersetzungen und Interpretation durch Hans Haselbach